Geschichte von Ettersburg (Kurzfassung)
Ettersburg ist eine Landgemeinde am nördlichcn Rand des großen Ettersberges. Die zugehörige Fläche, Wohnbebauung und landwirlschaftlich genutzte Fläche, beträgt knapp 300 ha. Die Wohnbauten befinden sich östlich des ehem. Klosters bzw. des späteren Schlosses, anfangs nur die Hauptstraße und etwas südlich davon. Vor allem seit dem 19. Jahrhundert wird das Dorf kontinuierlich weiter im Osten durch Neubaulen enweitert.
Urkundlich erstmalig erwähnt wird Ettersburg (als Iiytersperg) 1089 im Zusammenhang mit einer Schenkung des Stiftsgründers Graf Berno an das bereits bestehende Chorherrenstift. Da es eine Schenkung an das Kloster war,muß es also bereits zu diesenr Zeitpunkt existiert haben. In der Literatur wird deshalb. weil die Gründung, ja vor 1089 erfolgt sein muß. meist um 1085" angegeben. ln Frage kommt allerdings der Zeitraum 1079 bis 1089. Eine Gründung vor 1079 ist unwahrscheinlich, da Thüringen durch stete Kämpfe zwischen Kaiser Heinrich lV. und den Sachsen verwickelt war. Graf Berno als Stifter unseres Klosters war in diese Kriege unmittelbar verwickelt.
Mit großer Wahrscheinlichkeit bestand der Ort Ettersburg schon zur Zeit der Klostergründung. In Urkunden bzw. Schriften findet man erst 1477 etwas üher das Dorf Ettersburg. Und zwar in der Geschichte der Grafen von Gleichen. In diesem Jahr hat Erwin, Graf von Gleichen und Herr zu Blankenhain, dem Kloster Ettersburg das Dorf Ettersburg verkauft, und zwar "grunt vnd boden hufe hofe vnd garten mit allen zinsen renthen vnd nennern mit sampt dem gerichte vbir hals vnd hant obirsl vnd nyderst in dorff'e velde vnd flore zu eyeripurgk mit syner frone folge bethe sture lehenschaft."*
Kloster:
Das von Graf Berno gestiftete Kloster war die Gründung einer sog. Eigenkirche des Stilters. Diese Stiftung war den Heiiligen Justinus und Laurentius geweiht. Es war aber im eigentlichen Sinne nie ein Kloster, sondem von Anfang an ein Chorherren- oder Kanonikatstift. Kanoniki hießen die an einer Kirche angestellten Geistlichen, die zwar nicht das mönchische Gelübde abgelegt hatten, aber doch nach gewissen Normen zusamnrenlebten und die Geschäfte des Haushalts als auch des Kirchendienstes nebst Seelsorge. Armenpflege und Diözesenarbeiten unter sich verteilten. Aber sie besaßen eigene Wohnhäuser, die sog. Kurien. Das ist so ziemlich alles, was wir über die erste Gründung wissen. Der Stifter Graf Berno war ein reich begüterter Adliger hier in Mittelthüringen. Zu welchem Adelsgeschlecht er gehörte, ist noch nicht endgültig geklärt. Im allgemeinen wird aber angenonmen, daß er letztendlich aus dem Hause Querfurt-Seeburg hervorgegangen ist. Nicht von der Hand zu weisen ist aber auch die enge Beziehung zu den Orlamündem. Andere Ahnenreihen sind mittlerweile alle verworfen worden. Gesicherte Lebensdaten sind von diesem Grafen nur begrenzt bekannt. Neben seinem umfangreichen Landbesitz im Raum Naumburg, Querfurt, Apolda, Berka, Buttelstedt ist eigentlich nur bekannt, daß er zusammen mit anderen Adligen gegen den deutschen Kaiser gekämpt hat. Er war mit einer Adelheid verheiratet, mit der er einen Sohn, nämlich Wichmann, hatte. Wer diese Adelheid war, ist ebenfälls nicht bekannt. HENNING, der sich in seiner Dissertation mit dem Grafen Wichmann befaßt hat, bezieht sich auf eine Literaturstelle, in der sie als eine gebürtige Weimar-Orlamünderin angesehen wird, was er aber selbst in Zweifel zieht.
Der Sohn, Graf Wichmann, wurde vermutlich um 1060/70 geboren. Wann er allerdings gestorben ist, ist wiederum unbekannt. Gesichert nach dem Jahr 1123. Abgesichert ist auch, daß er die Tochter Ludwigs des Springers (geb. um 1090, gest. 1118) geheiratet hat.
Möglicherweise erklärt sich daraus auch der umfangreiche Landbesitz in der Gegend um Sangerhausen. Die Heirat mit der Tochter des Thüringer Landgrafen beweist, daß er ein recht bedeutender Adliger im thüringischen Raum gewesen sein muß. Die letzten gesicherten Nachrichten vom Grafen Wichmann stammen aus dem Jahre 1123. ln einer Urkunde, die der Erzb. v. Mainz. A d e I b e r t, ausgestellt hat, bestätigt er, daß er also der Erzbischof -an die "Stelle der ihres freien u. irreligiösen Lebenswandels wegen aufgehobenen Kanonoler des Stifte Ettersburg (Eidereshurc) Augustiner-Brüder unter dem Propst Sinzo" eingesetzt hat, und zwar mit Zustimmung-des Grafen Wichmann. Er "befreit das Stift von aller Gewalt: gewährt den Brüdern die freie Propstwahl, das Recht der Taufe u- des Begräbnisses u. alle auf die Freiheit des Klosters bezogenen Rechte. Er bestätigt dem Stift auch seine Besitzungen, ohne sie genau aufzuführen. Von diesem Zeitpunkt an ist nun in Ettersburg ein Augustiner-Chorherren-Stift. Über das der Erzb. v. Mainz die Oberaufsicht hat.
Im Chorherrenstift lebten vermutlich anfangs 15 Kanoniker, später waren es weniger, 1420 werden nach Kreuter l4 genannt. Dann sollen es 9 oder sogar noch weniger gewesen sein. Bei der Aufhebung des Stiftes sollen es l0 gewesen sein.
Da keine Stiftungsurkunde vorliegt, ist auch über den Besitz des Klosters bei seiner Gründung nichts bekannt.
Graf B e r n o schenkt dem Stifte Ettersburg nach der Beisetzung seiner daselbst beerdigten Gattin 20 Hufen zu Griesheim. Geilsdorf u. Willingen, sowie 4 Hufen zu Tusdorff mit Zubehör.
Besitzungen gab es in weiteren Dörfern auf Grund von Schenkungen, worüber Urkunden vorliegen. Vor allem aus der 2. Hälfte des 15. und Anfäng des 16- Jahrhunderts.
Die Schutzvogtei hatten die Grafen von Querfurt-Seeburg: nach deren Aussterben die Grafen von Gleichen. Bei Ausbruch des Bauernkriegs ( 1525) verließen der Probst und die meisten Canoniker das Stift; noch in demselben Jahr.
Das Kloster wurde 1525 säkularisiert, der Besitz vom Kurfürsten, dem Herzog von Sachsen, konkret von Johann dem Beständigen, eingezogen und der Klosterbesitz unter die Autsicht von Sequestratoren gestellt. Die konkrete Arbeit in diesem landwirtschaftlichen Betrieb wurde einem Verwalter übertragen, der - gegen Entrichtung einer vereinbarten Abgabe, dem Beschiedgeld -die Wirtschaft auf seine Kosten betrieb. Über die erzielten Einahmen und Ausgaben - zu den Einnahmen gehörten auch die dem Kloster zustehenden Steuern und andere Abgaben- mußte er jährlich berichten und dazu dienten die Klosterrechnungen, die im Hauptstaatsarchiv vorliegen. Das Wirtschaftsjahr ging gewöhnlich von Walpurgis bis Walpurgis. Der Ort Ettersburg wurde 1536 in das Amt Weimar eingegliedert. 1540 wurde das Kloslergut in ein Kamnrergut umgewandelt.
Mittelalterliche Burgen nahe Ettersburg
Die älteste Befestigungsanlage ist die Wallburg aus den frühen Mittelalter beim Brunfthof. Die vermutlich eine Fluchtburg für den möglicherweise schon existierenden Ort Ettersburg gewesen ist. Eine hochmittelalterliche Herrenburg, die sog. Alte Burg. liegt auf einem Bergrücken unmittelbar südlich des Ortes. Von ihr sind aber nur noch Gräben und Mauerreste erhalten.
Um den Orl, vor allem am Nordrand der alten Dorfanlage. sind deutliche Wallreste der spätmittelalterlichen Dorfbefestigung vorhanden (Straßenname ..An der Schanze").
Schloss
Auf dem Celände des ehemaligen Klosters, direkt neben dem Kammergut, lässt Herzog Wilhelm Ernst von Sachsen-Weimar durch den Baumeister Johann Mützel ab 1706 das sog. Alte Schloss, eine Dreiflügel-Anlage, als Jagdschloß errichten. 1711 ist der Bau fertig und wird 712 eingeweiht. Ab 1717 wird dann das Neue Schloß nach Plänen von Johann Mützel begonnen. Direkt vor den alten Schloss. Unter Herzog Ernst August, der 1728 die alleinige Landesregierung übernimmt, führt den Bau dieses Corps de logis unter der Leitung von Johann Adolph Richter weiter. 1740 ist dieser Bau dann vollendet. Wird aber in den Folgejahren durch Gottfried Heinrich Krohne umgestaltet, wichtigste Ergänzung ist der Treppenturm an der Nordseite. Außerdem entstehen nach seinen Plänen die Parkterrassen neben dem Neuen Schloss.
Wegen des Brandes im Residenzschloss Weimar erhielt dann Schloss Ettersburg als Sommenesidenz. Vor allem durch die Herzogin Anna Amalia, eine besondere Bedeutung. Durch sie wird auch der Park umgestaltet. ln dieser Zeit weilen namhafte Persönlichkeiten im Schloss. Später wird ab 1840 durch den Erbgroßherzog Carl Alexander die Einrichtung des Schlosses umgestaltet. Schloss Ettersburg wird zur Somnrerresidenz des erbgroßherzoglichen Paares.
Nnachdem Carl Alexander die niederländische Prinzessin Sophie geheiratet hatte. Auch in dieser Zeit halten sich wieder namhafte Gäste im Schloss auf. Der Park wird umgestaltet. Unter der Leitung von Fürst Hermann von Pückler-Muskau und seinem Schüler Eduard Petzolf entsteht aus der Schlossschneise der heutige Pückler-Schlag.
Nach der Novemberrevolution 1918/19 geht Schloss Ettersburg in den Besitz des Landes Thüringen über. 1923 wird das Schloss an die Stiftung Deutsche Landerziehungsheime Dr. Hermann Lietz verpachtet, ein Landerziehungsheim für Schüler der Mittelstufe wird eingerichtet, umtängreiche Umbauten werden erforderlich. Kurz vor Kriegsende wird das Schloss durch die SS beschlagnahmt, die Schüler der Lietz-Schule müssen das Schloss verlassen. im April 1945, nach der Befreiung des KZ Buchenwald, zieht die US-Armee in das Schloss ein. 1948 wird im Schloß eine Justizschule des Ministeriums für Justiz eingerichtet. 1962 wird im Schloss ein Altersheim eingerichtet. Das Schloss geht in den Besitz der Nationalen Forschungs und Gedenkstätten der klassischen deutschen Literatur über. 1978 beziehen die Bewohner des Altenheims ein neuerbautes Heim am östlichen Ortsrande von Ettersburg. Danach ist das Schloss ungenutzt, teilweise befinden sich Wohnungen darin. Mittlerweile belindet ich das Schloss in einem schlechten baulichen Zustand. Seit I994 werden erste Sanierungsmaßnahmen durchgetührt. 2005 übemimmt das Bildungswerk BAU Hessen-Thüringen das Schloss in Erbpacht und führt die Sanierungsarbeiten durch. Anfang 2008 ist die Sanierung im wesentlichen abgeschlossen. Das Schloss wird offiziell eingeweiht, bei regelmäßigen Führungen durch das Schloss können Bewohner und Gäste sich nun ein Bild vom neuerstandenen Kleinod in Ettersburg machen. Seitdem finden zahlreiche kulturelle Veranstaltunsen im Schloss, teilweise auch in der Ettersburger Kirche statt.
Einwohner
Eine erste verläßliche Zahl über die Anzahl der Einwohner von Ettersburg stammt aus dem Jahre 1710. Es werden 140 Einwohner gemeldet, die in 27 Familien leben. Hinzu kommen der Kammgutspächter mit Familie und Gesinde, allerdings ohne konkrete Zahl. 1878 werden 232 Einwohner genannt. Die Einrwohnerzahl steigt allmählich an und erreicht heute 650.
Gesellschaftliche Einrichtungen Kirche
Die Stiftskirche hatte seit 1123 auch die Pfarrechte für den Ort. Nach der Säkularisierung wurde das Kirchenschiff 1545/46 abgerissen und der Chor der Stiftskirche als lutherische Kirche für die Gemeinde Ettersburg hergerichtet. Einige Grabsteine, ein achteckiger Taufstein und die ehem. Zelebrantensitze an der Chor-Südseite sind erhalten geblieben. ln den Jahren 1863/65 wird die Kirche neugotisch umgebaut. Aus Hopfgarten wird ein spätgotischer Schnitzaltar und eine Kanzel. Die ursprünglich für Weida bestimmt war, in die Kirche gebracht. Eine neue Orgel rvird von den Gebrüdern Peternell aus Seligenthal eingebaut. 1875 wird das Dach des Kirchturms neugebaut. Das alte Zeltdach wird beseitig und ein Laterne mit Helm wird aufgesetzt. Die bei den Baumaßnahmen abqenommene Turmuhr wird 1876 oberhalb der Glockenstube durch eine neue Uhr ersetzt.
Schule
Mit Sicherheit hat es in Ettersburg bereits 1550 eine Schule gegeben. Denn in den Visitationsakten heißt es: "Beide gemein - gemeint sind hier Ramsla und Ettersburg - helt ihr schul und Custoden, sind auch beide in ihrern ampt vleissig." 1568 taucht erstmals ein Name auf, es ist:
"Johannes Fritzsch Apotecker von F'reybergk. itzieger tzeit schulmeister tzu Ettersburgk"
1583 ist Nicolaus Reinbot Schulmeister im Filial, also in Ettersburg. Wo das Schulgebäude gestanden hat ist unbekannt.
Aus der Ettersburger Chronik geht hervor, dass Anno 1715 die fürstl. Cammer das Schulhaus allhier bauen lassen. Die Gemeinde hat nichts dazu gegeben. Dieses Gebäude befand sich unmiltelbar am heutigen Dorfplatz.
Ebenfalls aus der Ettersburger Chronik kann man entnehmen, daß "Anno 1843 und 1844 [ist] eine Neue Schule auf das Hundestück, untem Dorffe gebaut worden. von Großherzogl. Cammer, und die Gemeinde hat daran keine Frone gethan. und auch nicht dazu bezahlet. Diese neue Schule wurde am 21 . Oktober 1844 eingweiht. Die Ettersburger Schule war bis zum Jahre 1945 eine Einklassenschule, Ettersburg hatte bis dahin nur einen Lehrer.
Auch nach 1945 erfolgte anfangs der Unterricht noch in einer Einklassenschule. 1949 wurde von der Gemeinevertretung der Beschluss gefasst, im ehemaligen Gutshaus. Das auf lnitiative des damaligen Bürgermeisters Walter Unrein nicht abgrissen wurde, weitere Räume für schulische Zwecke umzubauen. 1952 konnten dann mehrere Räume genutzt werden. Ein neues Schulgebäude für Ettersburg war geplant, dessen Bau aber durch die Abteilung Volksbildung hintretrieben wurde und dafür ein Schulneubau in Berlstedt erfolgt ist. Kinder aus Ettersburg wurden bis ins Jahr 1968 in den unteren Klassen in Ettersburg unterrichtet wurden. Spätestens 1969/70 wurde die Schule in Ettersburg komplett aufgelöst.
Heute ist das Schulgebäude Geimeindehaus, wo beispielsweise auch der Bürgermeister seine Sprechstunde abhält.
Sonstige Gemeinschaftseinrichtungen
Für Ettersburg sind ein ein Brauhaus, ein Backhaus und ein Hirtenhaus als kommunale Bauten nachgerwiesen, mindeslens seit 1730.
*ThHStA WE. Akte F 526.